Faktencheck: Behauptungen zur Trasse Limone

Im Zusammenhang mit der Forderung nach einem bestandsnahen Aus- bzw. Neubau des Brennernordzulaufs im Streckenabschnitt Grafing – Ostermünchen werden immer wieder unsachgemäße Behauptungen aufgestellt. Dazu hier unsere Stellungnahme:

> Behauptung: „Die Auswahlentscheidung der Bahn zugunsten der Trasse „Limone“ ist fehlerhaft.“

> Behauptung: „Ein bestandsnaher Ausbau wäre billiger als die Vorzugstrasse „Limone“

> Behauptung: „Ein Vorteil des bestandsnahen Ausbaus wäre ein verbesserter Lärmschutz an der Bestandsstrecke. Dieser müsste dann nach Neubaustandard ausgeführt werden.“

> Behauptung: „Ein bestandsnaher Ausbau schont die Natur, indem durch die Zusammenlegung von Altbau- und Neubaustrecke weniger Fläche verbraucht wird.“

> Behauptung: „Durch den Ausbau der Bestandsstrecke wird eine Zerschneidung wertvoller Landschaft vermieden und es können landschaftszerstörende Überwerfungsbauwerke und Brücken reduziert werden.“

> Behauptung: „Trasse „Limone“ emittiert mehr CO2 als die bestandsnahe Alternative „Türkis“.

> Behauptung: „Ein Vorteil des bestandsnahen Ausbaus wäre eine behindertengerechte Neugestaltung des Bahnhofs in Aßling.“

> Behauptung: „Ein Vorteil des bestandsnahen Ausbaus wäre eine Anbindung des südlichen Landkreises Ebersberg an das geplante Münchner Radschnellwege-Netz.“

Antworten

Behauptung: „Die Auswahlentscheidung der Bahn zugunsten der Trasse „Limone“ ist fehlerhaft.“

Falsch, da widerlegt: Die beiden Kritikpapiere der Befürworter des bestandsnahen Ausbaus stammen von einem interessierten Anlieger der Vorzugstrasse „Limone“. Die darin aufgestellten Thesen wurden von der Bahn gemeinsam mit Experten des Instituts für Infrastruktur der Universität Innsbruck und einem weiteren externen Gutachter in mehreren Untersuchungen genauestens geprüft und in allen wesentlichen Punkten eindeutig widerlegt.
Die Bahn hat damit mit sachverständiger Unterstützung ihr Fazit untermauert: Die Vorzugstrasse „Limone“ hat sich bewährt. „Speziell in den für die Menschen der Region wichtigen Belangen Lärm und Erschütterung schnitt die Variante „Limone“ gegenüber der Variante „Türkis“ deutlich besser ab.“
Die Bahn hat dabei sehr deutlich herausgearbeitet, dass die Kritikpapiere nicht den Anforderungen an einen methodengerechten objektiven Beitrag zur fachlichen Debatte genügen, sondern vielmehr den Anschein erwecken, dass die Vorzugstrasse „Limone“ diffamiert werden soll. Siehe hierzu auch die pikante Wiedergabe der Bahn-Replik im Artikel des Münchner Merkur „Bahn weist Kritiker in die Schranken“ vom 09.08.2023.

Behauptung: „Ein bestandsnaher Ausbau wäre billiger als die Vorzugstrasse „Limone“.

Falsch: Diese Behauptungen hat die Bahn widerlegt. Im Gegenteil hatte das Auswahlverfahren ein klares Ergebnis: Der Bau von Trasse „Türkis“ würde voraussichtlich 1,6 Mrd. € verschlingen, und damit 120 Mio. € Mehrkosten und auch dauerhaft höhere Betriebskosten produzieren im Vergleich zur Vorzugstrasse „Limone“.
Auch wenn man die im Nachgang erfolgten weiteren Verbesserungen bei „Limone“, namentlich die deutliche Verlängerung des Salachtunnels, berücksichtigt, bleibt es dabei, dass „Türkis“ voraussichtlich 50 Mio. € (!) mehr kosten würde.
Die vonseiten der Befürworter der Trasse „Türkis“ gleichwohl behaupteten abweichenden Zahlen stammen von einem interessierten Anlieger der Vorzugstrasse „Limone“. Sie wurden von der Bahn gemeinsam mit Experten des Instituts für Infrastruktur der Universität Innsbruck und einem weiteren externen Gutachter genauestens geprüft und widerlegt. Letztlich kam die Bahn zu dem Schluss, dass die Herkunft der Kostenansätze „fachlich nicht nachvollzogen werden“ kann – alternative Fakten!

Behauptung: „Ein Vorteil des bestandsnahen Ausbaus wäre ein verbesserter Lärmschutz an der Bestandsstrecke. Dieser müsste dann nach Neubaustandard ausgeführt werden.“

Falsch: Lärmschutz nach Neubaustandard heißt nicht, dass die Anwohner ungestört sind. Im Gegenteil hat die Bahn gemeinsam mit Experten des Instituts für Infrastruktur der Universität Innsbruck und einem weiteren externen Gutachter herausgearbeitet, dass bei „Türkis“ maßgebliche Siedlungsflächen in Holzen, Osterwald, Aßling, Straußdorf, Lorenzenberg, Pfadendorf, Eisendorf, Oberelkofen und Schammach mit einem energieäquivalenten Dauerschallpegel von über 45dB(A) nachts betroffen würden. „Türkis“ erhält von den Sachverständigen bei jeder Betrachtungsweise die schlechteste Note im Vergleich und würde wegen der exponierten oberirdischen Trassenführung dazu führen, dass tausende Bürger in Aßling und im ganzen Atteltal stark in Mitleidenschaft gezogen würden. Fakt ist, dass „Türkis“ im Teilkriterium Lärm von allen Trassenvarianten als schlechteste abschneidet und „Limone“ von allen Trassenvarianten als beste.
Insbesondere erscheint es nicht seriös, auf eine mögliche Einhausung in Aßling zu verweisen: Die Vorplanung für die ausgeschiedene Trasse „Türkis“ sieht eine Einhausung im Bereich des Bahnhofs Aßling nicht vor. Vertreter der Bahn haben hierzu mitgeteilt, dass eine solche Einhausung aus technischen und bahnrechtlichen Gründen nicht möglich wäre. Auf eine Einhausung zu setzen, wäre ein Luftschloss.
Hinzu kommen die Erschütterungen – auch hier schneidet von allen Trassenvarianten „Türkis“ als schlechteste ab und „Limone“ als beste.

Behauptung: „Ein bestandsnaher Ausbau schont die Natur, indem durch die Zusammenlegung von Altbau- und Neubaustrecke weniger Fläche verbraucht wird.“

Falsch und irreführend: Ein bestandsnaher Ausbau wäre in Wahrheit ein bestandsnaher Neubau und schont nicht Natur und Landschaft. Im Gegenteil erhält die Trasse „Türkis“ auch bei dem Kriterium „Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt“ eine schlechtere Bewertung als „Limone“. In hohem Maße würde „Türkis“ Biotopflächen in Anspruch nehmen und artenschutzrechtlich relevante Arten beeinträchtigen. Das Landschaftsschutzgebiet „Dobelgebiet und Atteltal“ würde mit einem bis zu 28 m (!) hohen und 2,3 km (!) langen Damm- und Brückenbauwerk durchschnitten. Das Flora-Fauna-Habitat „Attelleiten“ (FFH) würde durch die geplante Trasse „Türkis“ tangiert. Die Auswirkungen einer so massiven Baumaßnahme im angrenzenden Landschaftsschutzgebiet auf die besonders schützenswerte Flora und Fauna im FFH sind nicht absehbar. Zudem würden durch die Trasse „Türkis“ Ausgleichsflächen der Bahn zerschnitten, für die Ersatz geschaffen werden müsste.
Hinzu kommt, dass Trasse Türkis auch in Bezug auf Flächen mit Wohnnutzung die höchste Flächeninanspruchnahme aufweist. Für den Bau müsste sogar ein Wohngebäude abgerissen werden. Bitte informieren Sie sich bei Interesse ausführlich hier.

Behauptung: „Durch den Ausbau der Bestandsstrecke wird eine Zerschneidung wertvoller Landschaft vermieden und es können landschaftszerstörende Überwerfungsbauwerke und Brücken reduziert werden.“

Irreführend und falsch: Zum einen übersieht diese These geflissentlich das bis zu 28 m (!) hohe und 2,3 km (!) lange Damm- und Brückenbauwerk, mit dem die Trasse „Türkis“ das Landschaftsschutzgebiet „Dobelgebiet und Atteltal“ zerschneiden würde – mit erheblich negativen Folgen (siehe vorigen Abschnitt). Im Übrigen ist die von den Befürwortern des bestandsnahen Ausbaus formulierte Erwartung, dass man durch Etablierung eines sog. Richtungsbetriebs Überwerfungsbauwerke in Kirchseeon und Ostermünchen vermeiden könnte, von der Bahn gemeinsam mit Experten des Instituts für Infrastruktur der Universität Innsbruck und einem weiteren externen Gutachter widerlegt worden.
Fakt ist, dass Trasse „Türkis“ im Teilkriterium Tier- und Pflanzenlebensräume von allen Trassenvarianten mit als schlechteste abschneidet und „Limone“ von allen Trassenvarianten mit als beste.

Behauptung: „Trasse „Limone“ emittiert mehr CO2 als die bestandsnahe Alternative „Türkis“.“

Nicht objektiv belegt und irreführend: Eine unabhängige Bewertung der CO2-Emissionen ist bislang nicht erfolgt und wird im Zuge der Planfeststellung für das Gesamtprojekt betrachtet.
Ohnehin gilt: Das Gesamtprojekt zum Bau des Brennerbasistunnels und der Zuleitungswege dient dazu, Verkehr auf die Schiene zu bringen und dadurch die CO2-Emissionen insgesamt erheblich zu reduzieren. Insofern erscheint es nicht angemessen, erhebliche Beeinträchtigungen von Mensch und Natur, die die Trasse „Türkis“ nachweislich verursachen würde, mit (behaupteten) CO2-Auswirkungen der einzelnen Trassenvarianten zu begründen: Die vermeintliche Auswirkung dürfte im Vergleich zur CO2-Bilanz des Gesamtprojekts nicht ins Gewicht fallen. Welcher vernünftige Mensch käme auf die Idee, den Bau von Tunnels zum Schutz von Menschen an der Neubaustrecke wegen etwaiger damit verbundener höherer CO2-Emissionen abzulehnen?

Behauptung: „Ein Vorteil des bestandsnahen Ausbaus wäre eine behindertengerechte Neugestaltung des Bahnhofs in Aßling.“

Augenwischerei: Die barrierefreie Erneuerung des Bahnhofs Aßling wird von der Bahn bereits im Rahmen der voraussichtlich 2027 startenden Generalsanierung des Streckenabschnitts München – Rosenheim angegangen. Ein Zusammenhang mit dem Trassenneubau besteht nicht.

Behauptung: „Ein Vorteil des bestandsnahen Ausbaus wäre eine Anbindung des südlichen Landkreises Ebersberg an das geplante Münchner Radschnellwege-Netz.“

Substanzlos: Ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen der Trassenwahl und dem Ausbau von Radwegen in der Region ist nicht erkennbar. Das eine hat mit dem anderen schlicht nichts zu tun. Ein Ausbau des Radwegenetzes wird befürwortet, erfordert aber nicht die tiefgreifenden Eingriffe in Gesundheit und Lebensqualität sowie in die Natur, die der bestandsnahe Aus- oder Neubau zwangsläufig mit sich brächte.